Der Sonnenschirm am Boot Emilina widerspiegelt das garstige und unbeständige Auffahrtswetter.
Warm angezogen und die Augen mit einer Sonnenbrille vorm Wind geschützt, radeln wir zum eigenständigen Christiania, zwei Kilometer vom Margrethehavn entfernt. Nikki bleibt im Boot.
Wir schlendern durch das kunterbunte Gelände. Die Kamera bleibt in der Tasche. Fotografieren ist verboten, weil die organisierte Kriminalität nach dänischer Polizei hier existiert. Alternative und Hippies besetzten 1971 das verlassene Militärgelände und gründeten den Freistaat Christiania. Alle Räumungsversuche der Regierung misslangen. Zum 20-jährigen Jubiläum wurde Christiania rechtmässig anerkannt. Die rund 1000 Bewohner verpflichteten sich Miete zu bezahlen, die 150 Gebäude und die ausgedehnten Grünflächen in Ordnung zu halten. Im 2011 wurde eine Stiftung pro Christiania gegründet und durch Ausgabe von Aktien das 34-Hektar grosse Areal vom dänischen Ministerium abgekauft. Von der ansässigen Kunstschmiede gelangen 90% ihrer Produkte in die Stadt. Die hier produzierten Christiania Bikes werden nach Übersee exportiert. Uns fallen die zahlreichen Kneipen auf, davor Leute rumhängen. Auch gibt es eine Markthalle mit Gebrauchtwaren, Baumaterial, Artikel zum Gärtnern und Allerlei für die zahlreichen Touristen.
Wir fahren am Kanal Christanshaven entlang, da MY De Swel im 2021 vertäut war und lassen die Fahrräder angekettet im Nyhaven stehen. Zu Fuss kommen wir auf der Restaurantseite nicht durch. Der Nyhaven ist übervoll. Die Flundern, ein Ausdruck von Felix, haben Hochbetrieb.
Vor lauter Museums- und Schlossbesuche letztes Jahr hatten wir die Einkaufsmeile ausgespart. Das wird jetzt nachgeholt. Felix und ich gehen gemächlich durch die Strøget, an der langgestreckten Amagertrov mit den exklusiven und geschlossenen Shops aufgrund der Auffahrt. Beim Storchenbrunnen, das Wahrzeichen der Strasse, suchen wir ein italienisches Restaurant auf und nehmen unter einem Heizstrahler Platz. Es happert bereits bei der Bestellungsaufnahme, anstatt einem Glas Wein schreibt die Servicebedienung eine Flasche auf. Die Speisekarte ist schmuddelig. Man wäscht sich nach dem Gebrauch gerne die Hände. Nach langem Warten werden die Pizza und die Omelette aufgetischt, die lauwarm bis kalt sind. Wahrlich, wir erleiden Schiffbruch!
Der Heimweg führt uns über die neue Fussgänger- und Fahrradbrücke, wo wir im 2021 auf die Öffnung warteten. Auf der rechten Seite fiel uns eine riesige Baustelle auf. Nebenan trotzt Kopenhagens Opernhaus der Superlative. Heute steht auf der Baustelle ein futuristisches und neues Stadtquartier am Wasser mit dem Namen Papirøen. Im 2024 werden bezugsbereit sein: Eigentums- und Mietwohnungen, Restaurants, Cafés, Parkhaus und Geschäftsräume. Kultur und Grünflächen finden ebenfalls einen Platz im neuen Quartier. Gewaltig, was die Dänen hochziehen!
Und nochmals ist uns ein auffälliger Bau auf dem Heimweg begegnet.
Morgen werden wir im Boot bleiben. Böiger Wind bis zu 50 km/h und Regenschauer sind angesagt. Eventuell wird ein Bootsausrüster die schwächelnde Toilette im Boot durch eine neue ersetzen.