Am heutigen Morgen rückt die Zeit zu schnell voran. Das Boot sollte für die Fahrt im Vättern bis neun Uhr vorbereitet sein, weil die Brücke zur vollen Stunde öffnet. Das Bettenmachen muss warten. Wir kriegen es hin und fahren pünktlich in den Vättern. Er ist der zweitgrösste Binnensee Schwedens und einer der tiefsten (128m). Am kurzen Kanal in den See steht das weisse Kanalhotel von Karlsborg.

Der Göta Kanal zieht sich von Karlsborg östlich durch den Vättern nach Motala. Wir haben gestern über die Ortschaft Vadstena gelesen. Sie sei ein Schmuckstück und ihre Entstehung ist der heilligen Brigitta zu verdanken. Dies weckte unsere Neugierde. Wir rücken deshalb von der Kanalführung ab und richten den Bug in südöstlicher Richtung aus. Nicht nur die Ostsee hat ihre Tücken, sondern auch der Vättern. Klammergriff am Sitz und volle Konzentration am Steuer dominieren beim Schlag nach Vadstena.

Auf Backbord sind einige Bootsplätze frei, was uns erstaunt. Felix meldet sich nach dem Anlegen beim Hafenkiosk an. Ihm wird mitgeteilt, dass die Bootsplätze bei der Einfahrt alle reserviert sind. Also müsssen wir verholen. 

Ein junger Bursche, der den Job als Hafenmeister innehat, zeigt Felix den Letzten neben dem Schlosseingang. In gleicher Minute wie wir löst ein Paar ihr kleineres Motorboot und schnappt uns den Platz weg. Wir erklären ihnen, dieser sei für uns reserviert. Sie lassen nicht mit sich reden. Felix marschiert zur Anmelde zurück, um die Jungs zu holen. Der eine versucht zu verhandeln und schleckt dazwischen an seinem Eis rum. Nichts fruchtet. Sie werden ihren Chef anrufen werden. Das Paar entfernt sich demonstrativ von ihrem Boot. Wir legen provisorisch an der Eingangsmauer zum Schloss an. Nach einer gestrichenen Stunde kehrt das Paar zurück. Die Jungs reden nochmals mit ihnen. Die Vernunft siegt und sie geben den Platz endlich frei. Der Vorfall hat an unseren Nerven geknabbert. Das war absolut unfair.

Morgen wird es laut im Schlosshof. Die Bühne mit allem drum und dran ist bereit. Deshalb sind die besten Bootsplätze reserviert.
Kostbare Zeit für das Fotografieren im Städtchen ging aufgrund des Techtelmechtels verloren. Am späteren Nachmittag werden die die Schatten lang.

Unser Boot liegt vor dem wehrhaften Wasserschloss, dessen Grundstein König Gustav Vasa 1545 legte. Das Schloss war ursprünglich eine Verteidigungsburg. 1568 stieg Gutstav Vasas Sohn Johan III. auf den Thron. Durch ihn entwickelte sich die Burg zu einem prächtigen Renaissanceschloss.

Die verwinkelten Gassen und alten Häuser machen das Städtchen zu einem Schmuckstück am Vättern und beliebten Ausflugsziel. Auch uns gefällt es.

Malven blühen an der gelben Hauswand
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Die Temperatur ist gesunken. Es wird spürbar kalt. Trotzdem suchen wir das Kloster und die Kirche auf.  Die Klosterkirche aus Kalkstein stammt aus dem Jahr 1480. Sie ist bei unserer Ankunft geschlossen, weil eine Abendmesse gefeiert wird.

Die heilige Brigitta (1302 -1373 und wurde 1391 heilig gesprochen) war schon von Kindheit an durch himmlische Offenbarung begnadigt worden und gelobte sich dem heiligen Gott zu dienen und Menschen in der Not zu helfen. Sie war zunächst Haushofmeisterin bei König Magnus II. und beriet Adelige und zwei Päpste. 1344 wurde sie Witwe und zog sich in ein Kloster zurück, wo ihr eine Offenbarung zuteil wurde.

1370 erhielt Brigitta die Erlaubnis zur Gründung des Klosters. Es wurde allerdings erst sechs Jahre nach ihrem Tod fertiggestellt. Die erste Äbtissin war ihre Tochter Katharina. Im Jahr 1991 wurde Brigitta von Schweden zusammen mit Katharina von Siena und Edith Stein Patronin Europas ernannt. Im Orden leben gegenwärtig acht Nonnen (Brigittaschwestern) aus fünf Ländern. Ihr Tagesablauf entspricht immer noch dem alten klösterlichen Rhythmus: bete, arbeite.

Vadstena ist Schwedens grösster Wallfahrtsort und einer der wichtigsten Europas. Hier endet die Pilgerroute für alle, die der St. Brigitta Wege entlang gegangen sind. Das Pilger Zentrum wird seit 1997 im ökumenischen Geist der Kirche Schwedens betrieben. Viermal täglich wird zum Gebet oder Messe eingeladen. Die Pilger können sich im Zentrum ausruhen und übernachten.

Pilgergruss: Pax et bonum

Der Mariagarten ist der Rückzugsort für die Stille und Meditation.

Die Sehenswürdigkeiten des Städtchens haben wir kennengelernt und kehren mit kalten Händen und Füssen zum Boot zurück. Die Bootsheizung wärmt uns auf. Tut das gut!