Abend an der Nordsee
Allgemach
schied der Tag;
seiner Fackel letztes Glimmen
will am Horizont verschwimmen.
Regunslos,
hehr und gross
liegt das Meer im Silberschleier,
schön geschmückt zur Abendfeier.
Zauberisch hebt,
duftumwebt
sich die Hallig aus den Fluten,
erstrahlt von Abendgluten.
Einsam her
überm Meer
streicht die Möwe, hin und wieder
netzend leich ihr Schneegefieder
Überm Watt
dämmerts matt,
samft verklingen Ruderschläge
fern am sicheren Gehege.
Neblflor
wallt empor,
webt sich zu gespenstigen Schatten
auf der Heide braunen Matten.
Und man hört,
aufgestört
von des Seewinds bangem Flüstern,
noch das Riedgras leise kniestern.
Drüben sacht
senkt die Nacht
schon die scharzen Rabenflügel
nieder auf die Dünenhügel.
Still und stumm
wirds ringsum;
nur die Tönen, sanften, leisen
singt das Meer die ew’gen Weisen.
Stine Andersen (1849 – 1927)
Schriftsellerin