In Rudkøbing führen Pfade, die durch Informationsschilder gekennzeichnet sind, zu interessanten Orten. Auf diese praktische Weise lernen wir die zweitgrösste Stadt von Langeland näher kennen.
Der Hafen, wo unser Boot vertäut ist, wurde für den aufstrebenden Seehandel ab 1820 ausgebaut. Das Zollhaus und die Packhäuser von 1891 blieben erhalten. Der kleine Kiosk baute man nach. Heute dominiert der hohe Getreidesilo der Danish Agro das Hafenbild.
In den 1920er Jahren wurden zwei lange und grau gestrichene Holzschuppen mit je 23 Räumen für Netze und Geräte der Fischer errichtet. 64 Berufsfischer verdienten mit dem Fischfang ihren Lebensunterhalt. Neue Fangmethoden und Überfischung führten allmählich zu einem Rückgang. In den 1980ern endete die gewerbliche Fischerei. Freizeitfischer nutzen heute den Hafen und die alten Fischerbuden, die sich in einem bedenklichen Zustand befinden.
Ein paar Schritte entfernt sehen wir die nächsten Zeitzeugen, die Helling und das Windhaus. Die Witterungen und das Alter nagen an ihnen. Sie wurden mit einer Werft zusammen im Jahr 1909 erstellt. Der Eigentümer und Bootsbauer H.C. Poulsen baute kleiner Schiffe und zwei Dreimastschoner mit je 320 Tonnen. Poulsen verkaufte seine Werftanlage 1934 an den Hafen Rudkøbing. Seitdem wurde sie an eine Reihe von Bootsbauern vermietet. Der letzte Eigentümer war Bent Nielsen, der Um- und Neubauten von Jachten und Schonern durchführte. Wenn die Stadt nichts unternimmt, werden die Zeitzeugen allmählich in sich zusammenfallen. Wäre doch jammerschade!
Jetzt sind wir reichlich über die Häfen und Fischer informiert und begeben uns in die Altstadt. Die Einkaufsstrasse kränkelt. Mehrere kleine schmucke Läden sind ausgeräumt oder werden für Ausstellungen von Kunstschaffenden benutzt.
Nach dem Überqueren des Platzes mit dem Wasserspiel suchen wir die Kirche auf. Sie ist das älteste Gebäude der Stadt und beweist das Rudkøbing im frühen Mittelalter gegründet wurde. Der Hauptteil des Ziegelbaus stammt aus dem 13.Jh. Die Kirche wurde in jedem Jahrhundert erweitert. Wir bewundern die Kanzel, ein Schmuckstück aus 1608 und ein über 200 Jahre altes Votivschiff.
Uns zieht es zur besterhaltenen Gasse der Stadt hin. Die Häuschen, jedes in seiner eigenen Fasson, sehen wirklich putzig aus.
Auf dem ehemaligen Gänsemarktplatz steht die Statue von Hans Christian Ørsted (1778 – 1851), der in der Stadt geboren wurde. Der Naturwissenschaftler entdeckte den Elektromagnetismus. Vom Marktplatz aus spazieren wir auf der Strasse hinunter zu Hafen. Sie war seinerzeit die prächtigste des Ortes. Hier befanden sich die Kaufmannsvillen.
Dann folgt noch ein kurzer Abstecher zum Bahnhof. Die Eisenbahn kam 1911 nach Langeland. Ein weiträumiger Ausbau der gesamten Insel folgte aber nie. Es gab zwei Strecken: eine nach Bagenkop und eine nach Spodsbjerg. 1962 hatte der Schienenverkehr ausgedient, somit auch der Hauptbahnhof Rudkøbing.
Die Geschichte der vielen Schmetterlinge im Stadtbild von Rudkøbing und auf Häusern in ganz Langeland stammt von dem ortsansässigen Stadtkind H.C. Ørsted. Ørsted, der mehr als 2.000 Wörter erfand. Darüber hinaus hat er die Entwicklung der dänischen Sprache beeinflusst und viele Wörter im ganzen Land verbreitet – auch das Wort Schmetterling.
Zum 200. Jahrestag der Entdeckung des Elektromagnetismus im Jahr 2020 wurden Vollfiguren von H.C. Ørsted platziert und Schmetterlinge in verschieden Farben zogen in die Stadt.