Wieder einmal stehen wir staunend vor einem imposanten Bau. Die St.Nikolai in Wismar, in mittelalterlichen Backsteingotik, ist nach St. Marien in Lübeck die zweithöchste Backsteinbasilika der Welt. Der warme rote Backstein prägt die Kirche ebenso wie die ungewöhnlich steilen Proportionen, die unseren Blick in die Höhe zieht. Die reiche Ausstattung zeigt uns die Glaubenshaltung der früheren Generationen.
Mit einem Begleiter steigen wir eine Wendeltreppe hoch bis unter das Gewölbe des Mittelschiffs. Mit der Maske vor Mund und Nase bin ich fast in Atemnot geraten. Der kundige Mann erzählt uns: Für den Bau wurden drei Millionen Steine benötigt, der Turm ist 64 Meter hoch bis 1703 120 Meter, zwei Glocken sind über 500 Jahre alt, die Schwerste im Hauptturm aus der Barockzeit wiegt 5,5 Tonnen und Eichenbalken tragen die Gewölbe. Das Kircheninnere wird nicht nur von Menschen bewohnt. Fledermäuse fühlen sich hier auch zu Hause. Im Turm niesten regelmäßig Falken. Im Mittelalter waren hier vierzig Geistliche im Dienst, heute kann sich die Gemeinde noch einen Pastor leisten.
Die Hansestadt Wismar wurde im Zweiten Weltkrieg von den Alliierten angegriffen und stark zerstört. Die Großkirchen St. Marien und St. Georgen wurden massiv beschädigt . Die wertvollen Stücke der zerbombten Kirchen befinden sich heute in der St. Nikolai. 1960 wurde das gesamte Kirchenschiff der St. Marien gesprengt. Dem Kirchturm sollte das Gleiche widerfahren. Er ist als markantes Seezeichen eingetragen, deshalb blieb er verschont. Der Wiederaufbau der St. Georgen Kirche begann 1990. Mir ist aufgefallen, dass ein Kirchturm fehlt. Das Geld reichte damals nicht aus.
Schon gewusst?
Warum die Bauten in den Küstenländern um die Ostsee aus rotem Backstein sind? Durch das Fehlen grosser Mengen an Natursteinen griffen die Baumeister auf den traditionellen Backstein zurück, der aus Lehm gebrannt wurde.