01. – 04. Juni

Felix stellte gestern einen Zeitplan für die Rückfahrt auf, damit wir nicht zu früh bei der Eisenbahnbrücke Demmin sind, weil kein Wartesteiger vorhanden ist. Um 09:30 lösen wir die Leinen im Hafen Köster Eck. Kaum sind wir im Peenekanal, läuft der Motor plötzlich hochtourig, strake Abgase sind zu riechen und der Motoralarm ertönt. Die Wassertemperatur ist auf 95° gestiegen. Die katastrophale Lage wird uns augenblicklich bewusst und Felix schaltet den Motor ab. Das Boot treib im Schilf. Die Ansauge auf der Bootunterseite ist wahrscheinlich verstopft. Felix stösst eine Rohreinigungsspirale, die für solche Fälle an Bord ist, durch das Ansaugesystem. Er startet voller Erwartung den Motor und alles ist wieder im grünen Bereich. 


Das Fahren auf der Peene talwärts ist entspannend. Die Zeitberechnung ist nicht aufgegangen, weil der Zug Verspätung hat und warten 30 Minuten bis zur Öffnung. Wir fahren weiter an den besuchten Ortschaften vorbei. Nach 44 Kilometern von Malchin ausgehend, ist die Sportboot-Marina Loitz in Sicht. Das Anlegen an den dicken Holzdalben bei heftigen Seitenwind ist eine Herausforderung für mich. Ich vermassle vollends alles. Felix muss nochmals anfahren. Eine Frau vom kleinen Boot hilft mir beim zweiten Anlauf. Der Frieden auf MY De Swel ist in Schieflage geraten. 

Unsere Gemüter kühlen sich nach einer Aussprache ab. In Frieden unternehmen wir einen Rundgang in der Kleinstadt Loitz. Sie blieb im 2. Weltkrieg von massiven Zerstörungen verschont durch den mutigen Einsatz des Loitzer Superintendenten Carl Winter. Hier gibt es eine Vielzahl an alten Häusern. Einige sind unbewohnt. Ihre Mauern fallen durch Gemälde auf.

Neugierig treten wir in einen alten Kaufmannshofs ein, um ihn zu besichtigen. Eine Frau tritt aus ihrem Kulturforum und lädt uns freundlich zur Vernissage »Bunte Blätter« ein. Ein Maler- und Grafikzirkel aus Demmin stellt seine Kunstwerke aus. Nach der Laudatio eines Professors werden Getränke und Brötchen offeriert. So herzliche und unverhoffte Kontakte mit Einheimischen bleiben einem in guter Erinnerung. 

Am Morgen darauf streifen Nikki und ich durch Garagereihen am Stadtrand von Loitz. Sie stammen aus der ehemaligen DDR. Ein Malermeister mit seinem grossen Geschäftswagen steht vor einer Garage, deren Flügeltore offen sind. Er spricht mich an und zeigt mir mit Begeisterung seinen Trabant. Ich darf in ablichten. Der Malermeister ist gleich alt wie ich, hat also die DDR und Wende erlebt. Er erzählt nichts über die schwierigen Zeiten. Ich verabschiede mich von ihm und kehre zum Boot zurück. Im Peenetal durfte ich manchen Kontakt mit Bewohnern erleben.

Bei der Abfahrt übersehe ich die Mittelleine, weil sie sehr tief hängt. Die Frau vom kleinen Motorboot löst sie und wirft sie mir zu. Die Frau wird denken, was für eine unbeholfene Anfängerin ich sei. Ich verstehe mich ja selber nicht mehr, habe ich doch aufwändigere Anlegemanöver erfolgreich hinter mir. Naja. Die Peene zieht De Swel mit sich bis zum Hafen und Wasserwanderrastplatz Stolpe. Das Anlegen klappt diesmal an dem kurzen Schwimmsteg bestens.

Im Hafengelände ist viel Betrieb, verursacht durch Tagesausflügler, Kanuvermietung, Besucher des Fährkrugs und kleine Gast- und Hausboote. Kanus fahren ein und aus. Einige Kanuten bauen ihre mitgebrachten Zelte auf.

Lustige Mönchsfiguren bevölkern das von der Peene leicht ansteigende Gelände. Hier stand das Benediktiner Kloster Stolpe, gegründet 1153, einst das grösste in Pommern. Im Dreissigjährigen Krieg, 1637, brannte das Klostergut und Klosterkirche nieder. Ein Zeitzeuge blieb auf dem Areal des Gutes Stolpe erhalten.

Lustige Mönche

Gut Stolpe wurde mehrmals verkauft und durch die neuen Eigentümer laufend erweitert. In der DDR-Zeit war es ein volkeigenes Gut. 1990 kaufte es die ehemalige Besitzerfamilie zurück. Es wurde auf hohem Standard zu einem Hotelbetrieb um -und ausgebaut.

Wir treten ein durch das geöffnete Tor für eine Besichtigung. Der Gutshof ist eine wahre Pracht.

Am schmucken 300 Jahre alten Restaurant Fährkrug bei der Kettenfähre, die über die Peene setzt, kommen wir ohne Einkehren nicht vorbei.

Morgen werden wir das Peenetal verlassen. Es war grossartig.