Bei unserer Einfahrt in den Westhafen von Wismar präsentierte sich ein besonderes Bild. Was hat ein solcher Meereskoloss im beschaulichen Städtchen verloren? Na ja, wir dachten sofort an Corona – schliesslich leidet die Kreuzfahrt-Branche enorm – keine Schiffe sind mehr unterwegs – irgendwo müssen sie «parkiert» werden.

Meine Recherchen bei Einheimischen ergaben jedoch ein anderes Bild. Die 216 m lange «SupersStar Libra» ist 1987 in Finnland vom Stapel gelaufen. Mit 709 Kabinen und mehr als 1’400 Betten erfüllte es die heutigen Anforderungen an einen ***** Luxusliner schon längst nicht mehr.  2005 wurde sie auf *** Sterne herabgestuft (einigermassen attraktiv) und nach 30 Jahren 2018 ausser Dienst gestellt.

Alte Kreuzfahrtschiffe werden verschrottet – für die «Libra» hingegen sah der Eigner, die «Genting Hong Kong», für die «Old Lady» welche in den letzten Jahren im asiatischen Raum shiperte, eine Zukunft mit besonderem Verwendungszweck.

Was geschieht nun mit der «Libra»?

Seit Jahrhunderten sind in den Ostseestädten Wismar, Rostock und Stralsund die grössten Schiffbauwerften beheimatet. Den Werften ging es nicht mehr gut. Mit Mehrheitsbeteiligung engagierte sich die «Genting Hong Kong» und gründete die MV-Werften mit den drei Standorten. Die «Libra» blieb sozusagen in der Familie.

Die MV-Werft in Wismar baut momentan eines der grössten Mega-Kreuzfahrtschiffe der Welt. Der mittlere Teil (Kasko) von 216 m Länge ist bereits in der Halle fertig gestellt. Bug und Heck werden von den andern beiden Werften auf dem Wasserweg nach Wismar geschleppt – dort zusammen geschweisst – fertig ist die «Global Dream» mit 342 m Länge, 2’500 zum Teil Grosskabinen (die Asiaten schätzen dies) und Platz für 9’500 Passagiere, sowie 2’200 Crewmitglieder.

Die Kabinen werden als Fertigmodule extern «pfannenfertig» hergestellt und als ganze Einheiten im Schiff verbaut.
6 MAN-Motoren erbringen eine Gesamtleistung von 130’000 PS. Geschätzte Kosten des Schiffs: > 1 Mia. €

Für den Bau dieses Kolosses sind in den drei Werften ca. 3’000 Personen beschäftigt. Dies benötigt Unterkünfte für die Arbeiter vor Ort. Die «Libra» wird mit ihren vielen Kabinen dieser Aufgabe zum Bau ihrer Nachfolgeschiffe ehrenhaft gerecht werden!

Stand heute: Seit März (Corona) wird kaum mehr weiter gearbeitet am Schiff. Die Arbeiter sind zu Hause und der Mutterkonzern MV Werften hat die Zahlungen an seine Gläubiger ausgesetzt. Die «Genting-Gruppe»  drücken Schulden
in der Höhe von 3.1 Mia €.

In den Zeitungen ist zu lesen: Ist das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern bereit, hier Unterstützung zu leisten?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Text/Felix