von Felix
Ein Besuch im deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven
Mit den folgenden Berichten und Bildern nehme ich euch gerne auf einen Kurztrip ins sehr eindrucksvolle Museum der Deutschen Schifffahrt mit.
Die Präsentation und Dokumentation ist nach meiner Meinung sowohl für Nautikfans, sowie auch für Leute ohne grosse Affinität zur Seefahrt interessant. Ich versuche hiermit, beiden Lesergruppen gerecht zu werden und hoffe, dass ihr viel Spass habt beim Eintauchen in die Vergangenheit der Seefahrt.
Schiffbau – vom Holz zu Stahlschiffen
„Wenn du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Antoine de Saint-Exupéry
Mit dem Übergang vom Holz- zum Eisen- und später zum Stahlschiffbau konnten weitaus grössere Schiffe konstruiert werden.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts trat das Dampfschiff seinen Siegeszug an. Die meisten industriellen Werften in Deutschland bauten in dieser Zeit sowohl Dampfer als auch Grosssegler. Der gefragteste „High-Tech“-Segler war – auch wegen der grossen Tragfähigkeit – die schnell segelnde 4-Mast-Bark.
Um die Jahrhundertwende gaben die meisten Werften den Segelschiffbau auf. Nur bei Blohm & Voss, Hamburg (gegr. 1877), der Joh.. Tecklenborg AG, Geestenmünde, heute Bremerhaven (1841-1928) und der Rickmerswerft, Bremerhaven (1834-1986), liefen noch Grosssegler vom Stapel.
Segeln
In flachen Küstengewässern waren kleine Schiffe mit wenig Tiefgang von Vorteil, auf den Ozeanen dagegen so genannte „Tiefwassersegler“. Sie hatten drei, vier oder gar fünf Masten und waren als Rahsegler getakelt. (Rahsegel: = meist rechteckiges oder trapezförmiges Segel, welches an einem Rah = Rundholz geführt wird)
Wegen der grossen Segelflächen waren sie – anders als die kleinen Gaffelsegler schwer zu handhaben. Sie erforderten spezielles Wissen und eine grosse Besatzung.
Arbeiten auf dem Segelschiff
Die Arbeiten auf den Segelschiffen veränderte sich bis gegen Ende des
19. Jahrhunderts nur wenig. Das geschah erst in den 1880er Jahren, als Dampf- und Motorwinden eingesetzt wurden. Dadurch konnte die Besatzung verringert werden.
Innerhalb der strengen Rangordnung an Bord war die Arbeit straff organisiert. Zwei Wachen taten abwechselnd jeweils vier Stunden Dienst. Tagsüber verrichteten die Seeleute auch Instandsetzungsarbeiten am Schiff. Die Wachen zwischen 18 und 08 Uhr waren ausschliesslich mit Segeln beschäftigt.
Die meisten Fertigkeiten erlernte der Seemann während seiner ersten Reise als Schiffsjunge. In der Regel war mindestens ein Schiffsjunge an Bord, oft waren es zwei. Einer musste den Kapitän, der andere die Matrosen bei Tisch bedienen. Zu ihren Aufgaben gehörte es u.a. das Geschirr abzuwaschen und die Abtritte zu reinigen.
Natürlich mussten auch Handwerker an Bord sein: ein Zimmermann, ein Segelmacher und auf einem stählernen Schiff ein Schmied. Grundsätzlich wurden Seeleute aber zu „Allround-Talenten“ ausgebildet. Im Notfall musste jeder alles können.
Gefahren
Stürme und Nebel, Untiefen und Eisberge sind seit jeher für Schiffe die grössten Gefahren. Viele Seegebiete waren daher bei Kapitänen und Mannschaften besonders gefürchtet.
Das galt vor allem für die Umfahrung des „Kap Hoorn“ an der Südspitze Amerikas.
Weil dort der Atlantische und der Pazifische Ozean mit ihren mächtigen kalten und warmen Wasser- und Luftmassen aufeinander stossen, entstehen die gewaltigsten Stürme der Erde. Sie toben meist in Orkanstärke mit Böen bis zu 200 Km/h.
Zudem können während des ganzen Jahres antarktische Kaltfronten einbrechen. Wenn sie auf warme Luftmassen treffen, verursachen sie plötzliche Wetteränderungen mit Sturm, Schneefall, Hagelschauern oder mit dichtem Nebel. Sogar für robuste stählerne 4-Mast-Barken war jede Kap-Hoorn-Fahrt eine schwere Reise. Tausende von Seglern blieben
verschollen. Mitunter kehrten Kapitäne nach wochenlangem vergeblichem Kampf mit den Weststürmen und widrigen Strömungen vor Kap Hoorn wieder um. Sie segelten nach Osten um die ganze Erde zur amerikanischen Westküste.
Anmerkung: Der 82 Km lange Panamakanal wurde erst 1914 eröffnet. Eine andere Route war die Magellanstrasse (Patagonien).
Windjammer – Mythos und Realität
Seewege sind für den Transport von Waren und Menschen seit jeher unverzichtbar. Schon in der Antike galt:“Navigare necesse est, vivere non est necesse“: „Seefahrt ist notwendig, zu leben nicht“.
Bis etwa 1850 wurde das Meer fast nur mit Segelschiffen befahren. Als sie nach dem
1. Weltkrieg fast völlig von Dampf- und Motorschiffen verdrängt wurden, entstanden in der Erinnerung romantische Bilder vom Alltag auf diesen Grossseglern. Sie wurden nun „Windjammer“ genannt – ein Mythos war geboren.
Vieles berichteten die Seeleute von damals selbst. Als ihnen der Niedergang ihres Berufes bewusst wurde, begannen sie ihre Arbeit und ihren Alltag auf den Segelschiffen zu doku-mentieren und zu beschreiben – unschätzbare Zeugnisse für die Nachwelt.
Bewunderung und Spott für die „Windjammer“.
Grosse Segelschiffe mit mindestens 3 Masten und Rahsegeln nennt man heute Windjammer. Bei Windjammerparaden locken diese majestätischen Segler Millionen von Bewunderern an.
Früher hiessen die amerikanischen Küstensegler, die Schoner, die mit ihren Schratsegeln dicht am Wind segeln konnten, Windjammer. Dieser Name kommt von „to jam the wind“ und bedeutet Windpresser. Viele Seeleute mögen den Ausdruck Windjammer nicht, denn so beschimpfte und verspottete man die Seeleute der Schoner.
Für die Besatzungen der Rahschiffe waren sie keine vollwertigen Seeleute, weil sie nicht aufentern mussten. Sie konnten alle Arbeit von Deck aus erledigen und wurden obendrein noch gut verpflegt.
Erste deutsche Gezeitenrechnungsmaschine (1915-1916)
Die Maschine errechnet mit ihren 20 Tidengetrieben die Jahresdaten eines Hafens in ca. 12 Stunden. Zuvor benötigte ein geübter Rechner ungefähr ein Vierteljahr. Die Vorderseite dient der Berechnung und Darstellung der gesamten Gezeitenkurve, die Rückseite der Hoch- und Niederwasserzeiten.
Die Maschine wurde im Geheimauftrag des Reichsmarineamtes für den U-Bootkrieg gegen Grossbritannien hergestellt. Sie stand im Marine-Observatorium Wilhelmshaven.
Anmerkung Felix: Die Nieder- bzw. Hochwasserstände (ca. alle 6 Stunden) jedes Hafens werden heute per Internet abgefragt. Sie sind sehr wichtig v.a. beim Befahren des Watt-gebietes. Häfen, welche nicht über eine Seeschleuse angefahren werden, fallen bei Ebbe trocken, d.h. das zuvor festgemachte Schiff liegt bei Niederwasserstand vollständig im Schlick. Der Tidenhub beträgt hier in der Nordsee ca. 3,8-4,0m.
Rettungswesen
Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)
Eine Umfangreiche Ausstellung ist diesem Thema gewidmet. Ich habe nur ein paar Fotos um zu zeigen, mit welchen primitiven Mitteln anno dazumal Hilfeleistung auf See erfolgte.